Berliner Zeitung: Kündigung kritischer Journalisten, Autoren-Cancelung und eine Rekord-Abfindung
Ex-Redakteurin der „Berliner Zeitung“ hat sich erfolgreich vor Gericht gegen ihre Kündigung gewehrt. Die Kündigung steht im Zusammenhang mit der Beendigung meiner Autorentätigkeit bei der Zeitung.
Die Berliner Zeitung (BLZ), die sich regelmäßig als für die Meinungs- und Pressefreiheit kämpfend darstellt, leistet ohne Zweifel einen wichtigen Beitrag zur Perspektivenvielfalt, wenn es um gesellschaftlich relevante Themen wie Krieg, Corona und Klima geht. Sie beschreibt sich selber als Zeitung für die Mutigen. Ein kleiner Blick hinter die Kulissen wirft jedoch die Frage auf, ob die gut gewählten Slogans dem internen Umgang mit Presse- und Meinungsfreiheit bei der Corona-Berichterstattung entsprechen. Spontane, nicht begründete Kündigungen kritischer Mitarbeiterinnen und das Canceln eines Autors zeichnen ein anderes Bild. Vor Gericht musste die Zeitung eine herbe Niederlage bei einer Klage wegen angeblich pflichtverletzenden Verhaltens der Journalistin Lena Böllinger einstecken. Ergebnis: Die Berliner Zeitung muss eine Rekordabfindung in Höhe von 14.000 € zahlen, da die vorgeschobenen Gründe für die Kündigung viel zu vage waren.
Kündigung ohne ausreichende Begründung
Am 11. Dezember 2025 fand vor dem Arbeitsgericht Berlin eine Verhandlung über die von der Berliner Zeitung ausgesprochene Kündigung der Journalistin Lena Böllinger statt. Klägerin Böllinger hatte von April bis Dezember 2024 die Open-Source-Initiative der Zeitung geleitet. Laut eigener Darstellung soll diese Initiative für mehr Vielfalt sorgen und eine Plattform „für Kontroversen und Geschichten, die sonst nicht erzählt werden” bieten. Böllinger lektorierte, redigierte und brachte die von vielen verschiedenen Autoren in der Open-Source-Initiative erscheinenden Texte heraus. Dazu zählten auch acht von mir verfasste Artikel, die sich fast ausschließlich mit der Corona-Politik beschäftigt haben.
Im November 2024 wurde ihr von der Berliner Zeitung fristgerecht gekündigt. Vorausgegangen war, dass sie sich für einen von mir verfassten Text zum Thema Nudging einsetzte, der von der Berliner Zeitung vorher abgelehnt wurde. Im Prozess berichtete Sie, dass der Text ohne Angabe von inhaltlichen Mängeln, jedoch aufgrund einer Anweisung von oben, nicht erscheinen sollte. Zu meinem Fall jedoch später mehr.
Im Zuge der Verhandlung, der sich mit der Rechtmäßigkeit dieser Kündigung beschäftigt, führte die Berliner Zeitung folgende Argumente ins Feld. Erstens: Böllinger habe journalistische Standards verletzt, als sie bei der Open-Soruce-Initiative einen warnenden Artikel veröffentlichte, der sich mit dem angeblichen Auftreten eines „Turbo-Krebses“ nach einer Corona-mRNA-Impfung beschäftigte. Autorin war die Pathologin und ehemalige Oberärztin Ute Krüger. Zweitens: Sie habe sich angeblich illoyal gegenüber dem Arbeitgeber verhalten, weil sie interne Kommunikation nach außen getragen haben soll.
Angebliche Verletzung journalistischer Standards
Die anwesende Richterin führte ihre Verhandlung damit ein, dass guter Journalismus keine Angst verbreiten und Panik erzeugen sollte, und wollte daher von Frau Böllinger wissen, inwiefern sie den besagten Artikel zum Thema Turbokrebs geprüft habe, um sicherzustellen, dass keine Standards verletzt wurden. Angesichts der jahrelangen, Panik erzeugenden Corona-Berichterstattung der Leitmedien ohne ausreichende sachliche Prüfung erscheint dieser durchaus richtige Hinweis der Richterin jedoch ein wenig amüsant.
Böllinger erwiderte, dass sie die im Artikel angegebenen Quellen auf Plausibilität und Seriosität geprüft habe, soweit ihr das als Nichtwissenschaftlerin möglich war, und die Veröffentlichung des Textes mit der damaligen Ressortleiterin Ruth Schneeberger abgestimmt habe. Außerdem habe sie Umformulierungen und Abschwächungen vorgenommen.
Als sich die Richterin, die offen zugab, den Artikel persönlich nicht gutzuheißen, dem Beklagten, also der Berliner Zeitung, zuwandte, begann ein höchst überraschendes Schauspiel. Weder die Anwältin noch der Geschäftsführer der Berliner Zeitung, Christoph Schiller, waren in der Lage, zu formulieren, was genau Böllinger bei der Publikation des „Turbokrebs-Artikels” pflichtwidrig unterlassen haben soll.
Die Richterin machte deutlich, dass die Beweislast beim Arbeitgeber liege und sie daher genau wissen wolle, welche Studie von Frau Böllinger nicht akkurat geprüft worden sei. Auch diese Frage konnten weder die Anwältin noch Herr Stiller beantworten. Sie wirkten auf eine so einfache Frage doch überraschend ratlos. Sie verwiesen beide auf eine Rüge des Presserats und auf fehlende Einordnungen, hatten aber konkret nichts vorzubringen. Interessanterweise ist der besagte Text, der angeblich so eklatant gegen journalistische Standards verstößt, dass man dafür eine Mitarbeiterin nicht nur abmahnen sondern sofort kündigen muss, weiterhin auf der Website der Berliner Zeitung abrufbar. Eine Abmahnung hat jedoch nie stattgefunden.
In der Berliner Zeitung erschien außerdem ein Artikel, der die Behauptungen von Frau Krüger unter die Lupe nahm und das angebliche Auftreten eines besonders aggressiven Krebses nach einer Corona-Impfung entkräftete.
Nachdem der erste Versuch, ein eklatantes Fehlverhalten Böllingers nachzuweisen, gescheitert war, ging es nun um vermeintlich illoyales Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber. Böllinger soll interne Informationen an Autoren – ganz konkret an mich – ausgeplaudert haben. Damit ist der Umgang mit dem von mir verfassten Text zum Thema Nudging gemeint, der fertig lektoriert und von der Ressortleiterin Ruth Schneeberger in Absprache mit mir abgenommen war, dann aber plötzlich doch nicht erscheinen sollte. Als Böllinger darauf bestand Gründe für die Nichtveröffentlichung genannt zu bekommen, erfuhr sie, dass auf Anweisung von oben mit jeglichen Publikationen von mir zu pausieren sei. Böllinger informierte mich darüber, dass mein Text aufgrund dieser Anweisung nicht erscheinen werde. Sie stellte also wahrheitsgemäß dar, was der Grund ist. Der Text erschien wenig später beim Online Magazin Multipolar mit eine redaktionellen Anmerkung, in der es heißt: «Von Multipolar nach den Gründen für die Absage befragt, wollte sich die Berliner Zeitung nicht öffentlich äußern.»
Nachdem die Richterin Böllinger darauf hinwies, dass sie auch ohne inhaltliche Zustimmung oder ausreichende Begründung Weisungen zu befolgen habe und Böllinger eher belehrend unterstellte, sie habe wohl ein «Problem mit Weisungen», wandte sie sich wieder der Berliner Zeitung zu. Diese sollte nun, wie schon im ersten Fall, konkret darlegen, wo das eine Kündigung rechtfertigende Fehlverhalten zu finden sei. Nachdem Herr Stiller fälschlicherweise behauptet hatte, Böllinger habe mir mitgeteilt, dass die Weisung von Herrn Maier, dem Herausgeber der «Berliner Zeitung», ausgesprochen wurde, durfte nun auch der Anwalt von Frau Böllinger zu Wort kommen. Er belegte anhand einer E-Mail, die ich an den Verleger der Berliner Zeitung, Holger Friedrich, geschrieben hatte, dass ich zwar darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass meine Texte aufgrund einer Anweisung von oben aktuell nicht mehr erscheinen würden. Wer das angeordnet haben soll, hatte Frau Böllinger mir jedoch nicht mitgeteilt.
Die Richterin griff diesen Faden in der Verhandlung auf und erklärte der beklagten Seite, dass eine transparente Kommunikation des Grundes für die Nichtveröffentlichung ohne Nennung von Namen kein illoyales Verhalten darstelle. Sie erinnerte auch daran, dass Fehlverhalten auch erst abzumahnen sei, bevor Kündigungen ausgesprochen werden.
Die Vorsitzende Richterin schaute dann zu den zwei beisitzenden Richtern und führte aus, dass sie aufgrund fehlender konkreter Vorwürfe «nicht wisse, welche konkreten Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht sie den anwesenden Richtern vortragen soll». Sie stochere im Nebel, da die Vorwürfe zu unkonkret seien.
Zum Schluss der Verhandlungen einigten sich die Parteien auf einen Vergleich, da sich sowohl Böllinger als auch die Berliner Zeitung eine Zusammenarbeit nicht mehr vorstellen können. Böllinger erhält eine Abfindungszahlung in Höhe von 14.000 Euro. Eine so hohe Summe habe die Berliner Zeitung laut Geschäftsführer Stiller noch nie als Abfindung gezahlt. Auf Wunsch des Geschäftsführers verpflichtete sich Böllinger, Stillschweigen über die Inhalte des Vergleichs zu bewahren. Stiller fragte nach, ob auch die anwesende Presse – in diesem Fall die freie Journalistin Aya Velázquez und ich – zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Die Richterin wies diese Frage jedoch zurück. Stillers nachvollziehbare Sorge ist, dass künftige Arbeitnehmer, denen von der Berliner Zeitung gekündigt wird, die Rekord-Abfindung als Maßstab benutzen könnten. Die Richterin weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass immer „Einzelfälle verhandelt werden”.
Übrigens der oben bereits erwähnte Herausgeber der Berliner Zeitung hat sich im Mai 2025 in einer Kolumne zum Corona-Journalismus wie folgt geäußert: «Der nächste Ausnahmezustand kommt bestimmt: Journalisten müssen reflektieren, was sie bei Corona falsch gemacht haben. Es geht um die Demokratie.« Er lobt auch den Verleger Holger Friedrich. Dieser «stand wie ein Fels in der Brandung. Er sicherte die Vielfalt und ermöglichte der Redaktion eine differenzierende Berichterstattung. Mit der Rubrik Open Source öffnete er die Zeitung für abweichende Perspektiven», so Maier.
Böllinger schreibt mittlerweile als freie Journalistin unter anderem für der Freitag, Cicero und das Multipolar Magazin. Dort widmet sie sich unter anderem der Aufarbeitung des Corona-Geschehens. Sie war außerdem Lektorin für das von mir herausgegebene Buch «Vereinnahmte Wissenschaft - Die Corona-Protokolle des Robert-Koch-Instituts«
Ressortleiterin Gesundheit ebenfalls gekündigt
Eine weitere Kündigung passt in dasselbe Muster. Die Journalistin Ruth Schneeberger, die von 2020 - 2025 das Ressort Gesundheit der Berliner Zeitung leitete wurde laut eigener Aussage auf der Plattform X zum Februar 2025 gekündigt. Auch sie führt wegen ihrer Entlassung einen Prozess gegen die Berliner Zeitung. Schneeberger war vorher 15 Jahre lang als Redakteurin, Textchefin und Ressortleiterin bei der Süddeutschen Zeitung tätig. Während des Corona-Geschehens veröffentlichte sie sehr beliebte und stets fundierte Kritik an der Pandemiepolitik und insbesondere an deren Aufarbeitung. Eines ihrer Hauptthemen war der Umgang mit Corona-Impfgeschädigten. Außerdem war sie eine der wenigen, die die Bedeutung der RKI-Protokolle für die Corona-Aufarbeitung thematisierte und die Rolle der Medien kritisch hinterfragte. Ebenfalls ein Novum war ihr Vorhaben ein Interview mit dem Virologen Prof. Christian Drosten zu bekommen. Es wäre das erste Interview, in dem eine kritische Journalisten Drosten befragt und einige seiner vielen widersprüchlichen Aussagen thematisieren hätte können. Auf X beschreibt Schneeberger den Vorfall wie folgt: «Drosten hat mich minutenlang angeschrien, als ich ihm auf dem World Health Summit ein Interview anbot. Er war nicht glücklich mit meinem Kommentar zu seinen widersprüchlichen Aussagen im Tagesspiegel und meinte, ich sei verantwortlich dafür, dass er Angst um seine Kinder auf dem Spielplatz haben müsse. Ich würde ihn quasi kriminalisieren bzw. insinuieren, dass mit ihm etwas nicht stimmen würde. Er steigerte sich in diese Anschuldigungen hinein und war fest überzeugt, nie widersprüchlich gewesen zu sein.«
Der angesprochene Kommentar behandelte z.B. die Falschaussage Drostens, dass er nie eine Corona-Impfpflicht empfohlen habe. Diese Umdeutung des Geschehens trug Drosten auch vor dem Corona-Untersuchungsausschuss in Sachsen vor.
Sowohl Böllinger als auch Schneeberger haben in einer Zeit, in der Kritik an der Corona-Politik massiv unter Beschuss genommen wurde, den Debattenraum erweitert und um wichtige Perspektiven bereichert, indem sie kritische Stimmen publiziert oder eigene regierungskritische Beiträge geschrieben haben. Dazu brauchte es, obwohl es eigentlich zum journalistischen Alltag gehören sollte, Mut. Dass die »Zeitung für die Mutigen« ausgerechnet diese Journalisten auf diese Art und Weise vor die Tür setzt, zeugt weder von Rückgrat noch von Professionalität in der Führungsetage der Zeitung und des dazugehörigen Verlags. Schon gar nicht zeugt es jedoch von Mut.
Eigene Erfahrung - Plötzlich weg vom Fenster
Nun zu meinen Erfahrungen, die eng mit dem Prozess von Frau Böllinger verknüpft sind. Im Jahr 2024 habe ich acht Artikel für die Open-Source-Initiative der Berliner Zeitung veröffentlicht. Die sich hauptsächlich mit der Corona-Politik befassenden Artikel erfreuten sich größter Beliebtheit und bis auf einen wurden alle meine Textvorschläge angenommen. Aufgrund der heiklen Thematik (Pandemiepolitik und RKI-Protokolle) erfolgte eine sehr professionelle Lektorierung und rigide Prüfung meiner Texte durch Frau Böllinger. Alle meine Artikel bei der Berliner Zeitung sind hier zu finden.








Anfang September 2024 erschien bei dem Online-Magazin Übermedien ein Artikel von David Will, der unter anderem beim Tagesspiegel und bei Die Zeit gearbeitet hat, über die Open-Source-Initiative der Berliner Zeitung. Der Artikel wirft der Initiative Einseitigkeit sowie das Fehlen jeglicher wissenschaftlicher Einordnung vor. Das ist im Prinzip derselbe Wortlaut, mit dem die Berliner Zeitung Frau Böllinger auch vorgeworfen hat. Der Autor stört sich daran, dass dort vor allem Maßnahmenkritiker zu Wort kommen und behauptet, dass bei den Corona-Beiträgen der Initiative «ein Text auch Fakten verdrehen, unbelegte Behauptungen aufstellen, vielsagend raunen, unzulässig pauschalisieren und Aussagen aus dem Kontext reißen darf.« Ähnliches könnte man übrigens ohne Probleme für fast die komplette Corona-Berichterstattung des Mainstreams behaupten.
In dem Artikel wird die Frage aufgeworfen, ob meine Arbeit bereits als Aktivismus zu betrachten ist. In dem gesamten Text findet sich jedoch keine einzige inhaltliche Kritik an meinen Beiträgen. Vielmehr geht es darum, mit wem ich Expertengespräche zu Corona geführt habe und wer neben mir auf der Pressekonferenz zur Veröffentlichung der RKI-Protokolle saß. Eine Anfrage, ob der Autor und die Übermedien-Redaktion an einem öffentlichen Gespräch mit mir über die Kritik von Herrn Will teilnehmen würden, blieb unbeantwortet.
Ende September 2024 erschien dann ein Artikel im Spiegel, der sich mit der Berliner Zeitung beschäftigte und folgende Passage beinhaltete: „In Gastbeiträgen kommen zahlreiche Impfgegner und Maßnahmenskeptiker zu Wort, siebenmal in diesem Jahr etwa bereits der »ausgebildete Wildnispädagoge« und Aktivist Bastian Barucker. Die Pandemie sei von Jens Spahn »herbeigetestet« worden, die staatlichen Maßnahmen dagegen hätten »im klaren Gegensatz zu etablierten wissenschaftlichen Standards« gestanden.“ Alle meine Aussagen in den Artikeln stützen sich detailliert auf die Aussagen der Experten des Corona-Krisenstabs des Robert-Koch-Instituts und haben wenig mit Aktivismus zu tun. Sowohl Übermedien als auch Der Spiegel nutzen bewusst dieses Framing, um die Aufmerksamkeit der Leserschaft von den Inhalten weg und hin zu meiner Person zu lenken. Auch den beiden Texten könnte man ohne Weiteres Aktivismus unterstellen, da es offensichtlich darum geht, unliebsame Meinungen aus dem Debattenraum zu entfernen – in diesem Fall eventuell, um mich als Autor zu „canceln”.
Nach zwei weiteren Veröffentlichungen in der „Berliner Zeitung” wurde im Oktober 2024 der bereits erwähnte Nudging-Text erstmals ohne Angabe von Gründen nicht veröffentlicht. Danach bot ich der Zeitung weiterhin regelmäßig Texte an, um herauszufinden, wie sie angesichts der Anweisung von oben reagieren würde. Alle angebotenen Texte wurden mit verschiedenen Begründungen abgelehnt, beispielsweise, es seien zu viele Corona-Texte oder insgesamt zu viele Textangebote. Demnach sank meine Annahmequote von fast 100 auf 0 Prozent – und das kurz nach der Berichterstattung beim „Spiegel” und „Übermedien”, in der ich als Aktivist dargestellt wurde.
Dass ich als Autor weiterhin nicht erwünscht bin, zeigt sich auch darin, dass erst kürzlich ein mit mir bereits terminiertes Interview mit der Berliner Zeitung zu meinem Buch über die RKI-Protokolle kurzfristig abgesagt wurde. Mir wurde mitgeteilt, dass ein Interview vorerst nicht zustande kommen wird.
Angesichts meiner Erfahrungen mit der Berliner Zeitung wäre es nachvollziehbar, mir ein Gefühl der Kränkung zu unterstellen. Deshalb habe ich mir Mühe gegeben, die Abläufe authentisch, aber wenig wertend zu beschreiben. Trotzdem bleibt das Risiko fehlender Objektivität. Deshalb möchte ich bezüglich des Verfahrens mit Frau Böllinger auf die Berichterstattung meiner Kollegin Aya Velàzquez hinweisen.
Neben der Kündigung von Journalisten und dem Canceln von Autoren gibt es auch einen interessanten Fall von Zensur, der ins Muster passt. Der Autor Werner Rügemer machte diesbezüglich bemerkenswerte Erfahrungen mit der Berliner Zeitung. Ein von ihm verfasster Artikel über den Rüstungskonzern Rheinmetall und dessen Profite durch den Ukrainekrieg erschien am 10. April 2023 in der Printausgabe. Ohne seine Zustimmung wurde der Artikel inhaltlich verändert. Dabei wurden ohne Abstimmung relevante Passagen zu den Verstrickungen des Konzerns mit der Politik entfernt. Er klagte gegen diesen Eingriff und bekam vor Gericht Recht. Die Berliner Zeitung musste eine Entschädigung zahlen und die Gerichtskosten übernehmen.
Fazit
Reichweitenstarke Medien wie die „Berliner Zeitung” spielen und spielten bei der Corona-Politik und deren Aufarbeitung wahrscheinlich eine entscheidende Rolle. Nur wenn die Öffentlichkeit über die Widersprüche dieses historischen Geschehens aufgeklärt ist, kann eine kritische Auseinandersetzung mit dem medizinisch nicht nachvollziehbaren Corona-Management stattfinden. Die Berliner Zeitung ist für viele Menschen ein Hoffnungsträger – teilweise auch sehr zu Recht –, weil sie ein Bild des mutigen, machtkritischen Journalismus vermittelt. Auch die Ernennung des maßnahmenkritischen Journalisten Philippe Debionne zum Chefredakteur erweckt den Eindruck, dass die Aufarbeitung der Corona-Krise redaktionell ernst genommen wird. Dieser Eindruck wird jedoch durch die hier geschilderten internen Vorgänge getrübt, durch die relevante Stimmen nicht mehr zu Wort kommen. Vielleicht finden die Verantwortlichen den Mut die hier geschilderten Abläufe zu reflektieren, um mögliche Verbesserung für die Pressefreiheit in der Redaktion zu implementieren.


Werner Rüge_m_er: mit m, nicht mit n.
Wenn "Panik erzeugende [...]Berichterstattung der Leitmedien ohne ausreichende sachliche Prüfung" ein Kriterium wäre, um Artikel zurückzuhalten, wären Zeitungen wie Der Spiegel und manche andere über weite Strecken einfach weiß wie jungfräulicher Neuschnee!
Dabei ist noch bemerkenswert, dass die Medien längst erklärtermaßen dazu übergegangen sind, Panik zu erzeugen: ist es doch das wirksamste Mittel, um auch störrische Skeptiker zur Aufgabe zu bringen. Und das reicht weit vor die "Corona-Zeit" zurück. Beim unerschöpflichen Thema "Klimawandel, -krise & -kollaps" ist es schon seit Jahren Normalität gewesen, dass Zeitungen wie die ZEIT oder die "Voralpenprawda" (u.a.!!) Artikel brachten, in denen Ergebnisse von Computersimulationen oder von isolierten Einzelstudien mit den daraus erfließenden "Befürchtungen der renommiertesten Klimaexperten" zu haarsträubenden Aussagen führten ("es ist alles noch viel schlimmer als bisher angenommen!"), die ein gesunder Menschenverstand hätte verweigern müssen. (Schon vor ca. 20 Jahren stand z.B. auch mal gedruckt, die Expertise der Experten hätte ergeben, dass der Meeresspiegel in diesem Jahrhundert um 8 Meter steigen könnte, "wenn nicht..." 8 Meter! Die Normalität liegt bisher immer noch im Bereich weniger Dezimeter - pro Jahrhundert. Darauf folgte dann der gebetsmühlenartige Verweis auf die zwingende Notwendigkeit von "drastischen Treibhausgasreduktionen").
Das ist also leider kein Novum. Man "darf" es, wenn es der "guten Sache" dient, wobei man die selbst definiert. So durfte ja auch Greta Thunberg (damals 16?) vor der UN sprechen und emotional aufgewühlt dem Auditorium entgegenschleudern: "I want you to panic!"
Die dt. Bundesregierung hält sich sogar seit über 30 Jahren ein eigenes Institut, das auch "Panik-Institut für KlimaKatastrophismus" heißen könnte, das PIK. Die spekulieren auf hohem Niveau darüber, "was passieren könnte, wenn..." Es braucht dafür keine Beweise - denn die wären erst in 20, 30, 80 Jahren zu erbringen -, es gibt keine "Kontrollversuche", außer andere Computersimulationen, die alle mit denselben Daten gefüttert werden - und alle auf denselben fehlerhaften Theorien aufbauen. Es gibt auch keine "Kontrollgruppe" (eine zweite Erde oder eine völlig andere Atmosphäre). Es bleibt dem Panikpublikum daher nur eines: Angstschweiß und Dranglauben.- Mit "hohem Niveau" meine ich hier übrigens ganz schlicht die Kosten für den dt. und EU-Steuerzahler.
Ebenfalls kein Novum ist das hier geschilderte "Phänomen", das Autoren und ihren in Eigenverantwortung verfassten Artikeln oder auch Büchern geschehen kann: dass sie "ganz plötzlich doch nicht erscheinen können[!]". "Können", und zwar obwohl sie vorher bereits angenommen worden waren! Meine Erlebnisse in dieser Hinsicht reichen bis in die frühen 1990er zurück und waren für einen jungen Autor, der unmittelbar von seinen Arbeitserträgnissen leben muss, schockierend in ihrer Unberechenbarkeit und Unvorhersehbarkeit. Dabei vollzog sich im Prinzip wohl dasselbe wie bei der Berliner Zeitung [schade, nun ist mein positives Bild von ihr auch angekratzt]: "jemand" hatte nachträglich Einfluss genommen und gesagt, "dass das nicht geht". Dieser "Jemand" stand irgendwie nebelhaft außerhalb oder über der Redaktion, lenkte diese aber "aus höherer Weisheit" oder anderen (weniger ideellen) Gründen. Weder der Name der Person noch ihre Begründung wurde an den selbständigen(!) Autor weitergeleitet. Rückfragen endeten im schallisolierten Raum.
Das ließ mich schon damals tief an der vermeintlichen Freiheitsliebe, am Mut(!) und an der geistigen, politischen, ökonomischen Unabhängigkeit deutscher "Medienschaffender" (sie hießen damals noch nicht so) zweifeln, und sogar verzweifeln. Weil sich dieses Muster immer wieder wiederholt hat.
So dass ich zu dem Ergebnis komme, dass es sich hier um eine sehr ALTE deutsche Erkrankung handeln muss, die irgendwo im Bereich zwischen Wirbelsäule (Aufrechter Gang) und Gehirn (Ich denke Selbst) angesiedelt sein muss (wobei auch das Herz in Mitleidenschaft gezogen sein muss, da sich Anzeichen von Zynismus, Gleichgültigkeit und Verlogenheit hineinmischen). Die Menschen wirken nach außen völlig intakt und sind auch sehr freundlich und offenherzig (bei Terminen mit Fotografen für das Editorial, und - mit Stiftungen und Sponsoren), aber irgendetwas stimmt nicht mit ihnen. Es kann kein Vertrauensverhältnis zwischen dem selbständigen Autor und einer solchen "Einrichtung" entstehen, was umso schlimmer ist, weil ersterer auf Leute angewiesen ist (früher jedenfalls 100%ig war), die sein "Geschreibsel" veröffentlichten. (Ändert sich das gerade?)
Und abschließend gesagt passt dazu auch die Aussage der Richterin, die wohl "arbeitsrechtlich" korrekt sein muss -- aber für die Schreibende Zunft finde ich es trotzdem VERHEEREND: dass man an "Weisungen" gebunden sei, und zwar auch ohne sie zu verstehen, ohne inhaltliche Begründung!
Das ist eigentlich schon SANFTE DIKTATUR, Entmündigung freier Menschen - und damit auch ein KLEINER Verstoß gegen Art. 5 GG. Allein durch die Tatsache, dass der Redakteur entscheidet, OB etwas veröffentlicht wird, kann er auch entscheiden, WAS veröffentlicht wird, und was NICHT. Das mag sein gutes Recht sein, er ist ja der Verantwortliche im Sinne des Presserechts. Aber was nicht in Ordnung ist: dass man davon ausgeht, das könne auch automatisch einfach so "ohne jede Debatte" stattfinden. Auch dann, wenn der Autor der Besserinformierte ist, sich tief in das Thema eingearbeitet hat, der Redakteur jedoch nicht. Dann gilt nämlich Art. 5 GG genau bis dort: bis zur Garderobe des Verlags, und ab da nur noch bedingt oder gar nicht mehr.- Dass eine Richterin den hierin steckenden Konflikt nicht erkennt, zeigt, dass sie nur in den Kategorien "Angestellter / Vorgesetzter" denkt - und leider muss man sagen, denkt sie wohl so, weil diese Weisungsgebundenheit auch auf ihr eigene Berufsgruppe zutrifft.- Und das sind leider gewaltige Missstände in diesem Land, das häufig noch nicht einmal passende Formulare für Selbständige oder Freischaffende bereithält. Sie existieren einfach nicht.
Solche Formen von Diktat, von ZENSUR, sowie die ebenfalls geläufige Form nicht abgesprochener ÄNDERUNGEN im eingereichten Text sind leider für dieses Land GANG & GÄBE.
In Sonntagsansprachen zu "unserer Demokratie" kann man dann wieder hervorheben, dass man "fest auf dem Boden des Grundgesetzes steht", und wie schlimm es in einem östlicher gelegenen großen Land mit der "Pressefreiheit" (angeblich) aussehen soll. Ja, man steht, vielleicht sitzt mana auch... Aber - was genau da eigentlich drinsteht in diesem Büchlein?!